Als der Zweite Weltkrieg ein zerstörtes Berlin hinterließ, setzten Senat und Verwaltung im Frieden die Zerstörung des Stadtraums mit Stadtplanung fort. Berlin wurde mit gigantischen Straßenbauprogrammen zur autogerechten Stadt ausgebaut mit verheerenden Folgen für den Bezirk Wilmersdorf, insbesondere Bundesallee/Bundesplatz/Volkspark: Die Teilung in einen Ost- und einen Westteil durch den Ausbau der Bundesallee mit zwei Autotunneln, Zerstörung des zusammenhängenden Volksparks und die Degradierung des Bundesplatzes zu Straßenbegleitgrün. Zusätzlich wurden Bundesallee, Detmolder- und Wexstraße zu Zubringer zu zwei Autobahnanschlüssen, was zu einem täglichen Verkehrsaufkommen von über 41.000 Kfz täglich führt und zu unerträglichen Belastungen für Anwohner und Umwelt.
Die Berliner Politik und Verwaltung hat bis heute keinerlei Planungskonzept, wie sie die Bezirke anwohnerfreundlich, sozial und ökologisch verändern will. Solange der Senat die Steuergelder für Autobahnen, Flughäfen, Schlossimitationen, Landesbibliotheken und Gartenschauen ausgibt, wird sich daran nichts ändern.
Den Wandel in Wilmersdorf müssen die Bewohner selbst in die Hand nehmen und einen Paradigmenwechsel bei den Ausgaben für die Stadtentwicklung von allen Politikern verlangen, der heißt: Bezirke zuerst.
Die „Rückeroberung“ des Bundesplatzes kann nur gelingen mit Rückbau von Bundesallee und Tunnelrampen, Wex- und Detmolder Straße und der Autobahnanschlüsse. Gleichzeitig wird so eine Reurbanisierung dieses Teils Wilmersdorf eingeleitet und die öffentlichen Transiträume wieder zu Lebensräumen, für die sich auch die Bewohner verantwortlich fühlen können.
Der folgende Entwurf zeigt eine Möglichkeit der Realisierung einer nachhaltigen Reurbanisierung auf:
Bis 2020
1. Bundesallee
Rückbau der Bundesallee zu einer einspurigen Kfz-Spur mit Parallelparkplätzen. Die jeweils linke Spur in beide Richtungen wird als Verbreiterung des Mittelstreifens ausgebaut. Der neben den Parkplätzen angeordnete Pflanzstreifen trennt die Parkplätze von einer Radstraße in Breite einer Kfz-Spur (ca. 3,5 m). Der folgende Bürgersteig wird in seiner jetzigen Breite erhalten.
Der Mittelstreifen wird als Aufenthalts- und Flanierfläche ausgebaut mit einer Breite von ca. 20m (bisher 13 m), ab Trautenaustraße in Richtung Süden mit einer Breite von ca. 9 m (bisher 2 m) und ab Berliner Straße bis Bundesplatz mit einer Breite von ca. 20 m.
2. Beide Tunnelanlagen, Plan 1
Beide Tunnelanlagen werden miteinander unterirdisch verbunden. Die Tunnelein- und -ausfahrten Berliner Straße und südlich des Bundesplatzes bleiben erhalten, werden aber auf eine einspurige Ein- und Ausfahrt zurückgebaut, indem die jeweils linke Spur der Richtungsfahrbahnen abgebrochen werden und Stützmauern zu der einspurigen Fahrstraße erhalten. Der 9 m breite Mittelstreifen kann so zwischen den beiden einspurigen Straßen mit einer Baumreihe durchgängig weitergeführt werden bis zum Bundesplatz. Innerhalb der Tunnelanlage bleibt die jeweilige Zweispurigkeit erhalten, jedoch durch Lichtsignale auf einspurige Befahrbarkeit reduziert. Die Rampenanlagen werden mit eine linear ansteigende Randbepflanzung umwehrt und als vertikale Gartenanlage gestaltet (urban gardening).
Durch die Verbindung beider bestehenden Tunnelanlage bleibt die historisch gewachsene Nord-Südverbindung der Bundesallee erhalten und der Bundesplatz kann über seine ursprünglichen Ausmaße hinaus wieder hergestellt werden.
Für den Zielverkehr wird die Bundesallee neben den Tunnelrampen einspurig weitergeführt. Von Berliner Straße bis Südwestkorso mit 30 km Geschwindigkeitsbeschränkung
Der Volkspark wird durch zwei einspurige Richtungsfahrbahnen ohne Parallelstellplätze und Fahrradstraßen gekreuzt, die an beiden Seiten des ca. 20m breiten Mittelstreifens mit zwei Baumreihen, verlaufen.
Die Tunnelverbindung wird in offener Bauweise mit einer tragenden mittleren Stützenreihe erstellt und erhält eine elementierte Betonplattendeckung, die für eine später Umnutzung nach Bedarf demontiert werden kann.
Im Zuge dieser Maßnahme kann die bestehende Bogenbrücke demontiert werden.
3. Bundesplatz, Plan 3
Der Bundesplatz wird über seine historischen Ausmaße hinaus vergrößert. Die südliche Kreuzung wird so umgestaltet, dass die beiden Zufahrtsstraßen zu den Autobahnanschlüssen voneinander getrennt werden. Wex- und Detmolder Straße werden als gegenspurige Einbahnstraßen mit einer 180 Grad Wendemöglichkeit umgebaut, sodass Bundesallee, Wex- und Detmolder Straße als Zubringer für die Autobahnanschlüsse entfallen und der Verkehr auf den Zielverkehr reduziert wird, was eine Verkehrsreduzierung von ca. 26.000 Kfz täglich für Bundesplatz, Wex- und Detmolder Straße bedeutet.
4. Autobahnanschlüsse
Der Autobahnanschluss Wexstraße wird geschlossen/abgebrochen.
Die Kfz-Zufahrt zur Wex- und Detmolder Straße wird nur noch vom Innsbrucker Platz bzw. von der Blissestraße ermöglicht. Beide Straßen werden als Wohnstraßen ausgebaut mit einer einspurigen Kfz- Einbahnstraße und jeweils einer gleich breiten Fahrradstraße. Auf dem begrünten Mittelstreifen mit einer Baumreihe werden die Anwohner- und Besucherparkplätze angeordnet. Die Verkehrsverbindung beider Straßen erfolgt lediglich über die Fahrradstraßen, die an dem erweiterten Bundesplatz vorbei und durch den Bundesplatz führen.
Ab 2020
Die Verkehrsdichte wird sich in einem Zeitraum von 20 bis 30 Jahren erheblich reduzieren, da immer weniger Bürger einen eigenen PKW besitzen werden und sich bei Bedarf ein Fahrzeug mieten. Aus den Notwendigkeiten des Umweltschutzes, der Gesundheit und der Kosten müssen in dieser Zeit alle Kfz überwiegend von den jetzigen fossilen auf erneuerbare Antriebe umgestellt sein. Trotzdem gäbe es noch genug Pkws, die auf den Straßen geparkt und zur Aufladung der Batterien an Steckdosensäulen angeschlossen wären, wie sie ja vereinzelt in Berlin schon installiert sind. Der öffentliche Straßenraums, insbesondere in den Nebenstraßen, würde weiterhin von den notwendigen Ausbauten für den ruhenden und fließenden Verkehr bestimmt. Um jedoch den öffentlichen Raum wieder zum Begegnungs- und Bewegungsraum für die Anwohner nutzbar zu machen müssen Gemeinschaftsstraßen (shared space) angelegt werden, ohne parkende Autos, Parkbuchten und Steckdosensäulen, jedoch mit Begegnungs-, Aufenthalts-,Kommunikations- und Aktionsflächen für Jung und Alt.
In einem ersten Realisierungsschritt könnte westlich der Bundesallee bis Uhlandstraße und östliche Blissestraße die Reurbanisierung des Wohngebiets mit Planungsbeteiligung der Anwohner beginnen.
5. Tunnelumbau Plan 2
Die Tunnelanlage wird für den Durchfahrtverkehr in beide Richtungen gesperrt und zu einer unterirdischen Ladestation für die Elektromobilität ausgebaut. Die Park- und Aufladeplätze für eigene und Miet- Pkw und Fahrräder werden auf der vorhanden zweiten Spur eingerichtet. Bei Schräganordnung können ca. 1200 Pkw geparkt werden. Die elementierte Tunneldecke wird an verschieden Stellen entfernt für Zugänge zu den Ladestationen. Der Klimawandel wird auch in Berlin zu extremen Unwetter-, Kälte- und Hitzerperioden führen, sodass die Funktionsfähigkeit der Fahrzeuge besser gesichert ist als bei oberirdischen Standplätzen.
Der Hauptzugang wird im Bereich des Volksparks angeordnet mit einer ca. 20 x 20 m Tunnelöffnung, Treppen und Aufzügen und der zentralen 24Stunden- Verleih- und Serviceeinrichtung, angeordnet unter einem ca. 5 m breiten Fußgängerweg, der den durchgehenden Fußweg auf dem Mittelstreifen bis zum Bundesplatz ermöglicht.
Der Hauptzugang wird mit einem nach alle Seiten offenen Dach mit Solarmodulen überbaut. Unter diesem Dach befindet sich auch ein Gebäude für ein Cafe/Restaurant.
Auf dem Mittelstreifen werden im Boden Lichtplatten aus Verbundglas eingebaut die über Spiegel Tageslicht in die Ladestation und bei Dunkelheit über LED-Licht mit Solarenergiebatterien verstärkt und mit zur Beleuchtung des Mittelstreifens beiträgt. Die Tunnelanlage erhält, wie die neue U-Bahnstation, eine formal hochwertige Gestaltung.
6. Vernetzung
Die Vernetzung mit der U-Bahn erfolgt über direkte Zugänge in den Stationen Berliner Straße und Bundesplatz zu den Ladestationen.
7. Alternativ
Die Pkws könnten über Lastenaufzüge zur unterirdischen Ladestation gelangen. sodass der Abbruch beider Tunnelrampen möglich wäre.
Sofortmaßnahme
Um die unerträgliche Belastung der Anwohner durch den täglichen Verkehr kurzfristig zu reduzieren, muss die Zubringerfunktion zu den Autobahnanschlüssen Wex- und Detmolderstraße beendet werden, indem diese Straßen als gegenspurige Einbahnstraßen ausgebaut werden, wie in Plan 3 dargestellt, und der Autobahnanschluss Wexstraße geschlossen wird.
Berlin, 03.09.2012
Rainer Wittek
Mit 100 000 Euro ist ein Preis dotiert, mit dem die „Montag Stiftung Urbane Räume“(www.neue-nachbarschaft.de) neue Ideen für ein besseres Zusammenleben in Stadtteilen auszeichnen will. Gesucht werden Projekte, die aus den Vierteln kommen und für die Viertel konzipiert sind, die langfristig das Wohn- und Lebensumfeld verbessern und anderen als Inspiration dienen können. Einsendeschluß ist der 31. Dezember. Das Konzept „Wilmersdorf neu denken“, wäre ein Projekt, das die Anforderungen der Ausschreibung erfüllt.
vorschlag zu fußgängerbrücke parkverbindung.
verkersfrei gewordene teile der parkbrücke könnten als großer „wasserfall“ genutzt weren um so die stadtluft zu filtern u. befeuchten/erfrischen. das wäre f mensch u.
stadtnatur von vorteil. es würde auch grundwasser-druck entlastet. da ja der drundwasserspiegel ansteigt wg geringer wassernautzung. auch d gießwasser wäre dann
kostenneutral zu gewinne u es würde kein trinkwasser verbraucht.
mfg
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