
Station 4 // Zwei Kinder, ein Roller und eine Litfaßsäule. Der Fotograf Fritz Eschen hat eine ganze Serie von Aufnahmen vor dem Hintergrund von Litfaßsäulen produziert: Kindergesichter, lesende Frauenrücken.
Die Fotografie mit dem skurrilen Plakat Swing Heil! verrät das Datum 24. August 1947, mit dem Eingang zum Wohnhaus des Fotografen im Hintergrund verrät sie den Ort des Geschehens Kaiserplatz No.1.
Im Schoß des barfüßigen Mädchens ruht ein Roller, daneben kniet ein Junge mit einem zusammengebastelten Schuh. Das Bild erzählt eine Geschichte der Nachkriegszeit aus der Perspektive des Fotografen, der sich auf eine Augenhöhe mit den Kindern begibt.
Zuvor haben drei Kinder – darunter Fritz Eschens Sohn Klaus – den Roller in dem Schaufenster eines Spielwarenladens in der Bernhardstraße sehnsüchtig ins Auge gefasst. Auch dies hat Fritz Eschen eingefangen.
Text: Christina Kautz

Station 4.1 // Drei Kinder und ein Roller. Die Haltung und der Blick des Jungen könnten nicht entschiedener, die Blicke der Mädchen nicht leidender, sehnsuchtsvoller sein. Wie auf dem vorangegangenen Bild zu sehen ist sollte dieser im Schaufenster des Spielwarenladens ausgestellte Roller alsbald in den Besitz eines der Kinder übergehen.
Der Spielwarenladen war nur einer von mehreren Einzelhandelsgeschäften im Kiez, die von der Nähe zur alten S‑Bahnstation Wilmersdorf profitierten. In Verlängerung der Bernhardstraße führt noch heute ein Durchgang zum Varziner Platz in Friedenau. Davor parken, darüber donnern die Autos über ihren Autobahnring, dem 9 von 18 Häusern, also die Hälfte der Adressen in der Bernhardstraße samt der Straße selber zum Opfer gefallen sind.
Die Nähe des Fotografen zu Kindern hat eine persönliche, ja tragische Note. Seine erste Ehefrau und sein erster Sohn Peter werden 1941 in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. 1944 verstirbt sein Sohn Thomas, nachdem ein Arzt die Behandlung aus antisemitischen Gründen verweigert hat.
Umso präsenter auf seinen Bildern ist sein dritter Sohn Klaus – wie auch hier in der Mitte zwischen den in Blümchenmuster gekleideten Schwestern.
Text: Christina Kautz
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Themen der einzelnen Stationen
1.0—Kunsthochschule im Verwaltungsgebäude
2.0—Ein Kind bläst Seifenblasen
2.1—Ein Ort für Bedürfnisse
3.0—Ein Paar fährt Fahrrad
3.1—Drei Männer auf einer Stehleiter
4.0—Zwei Kinder, ein Roller und eine Litfaßsäule
4.1—Drei Kinder und ein Roller
5.0—Eine prall gefüllte Ledertasche
6.0—Lange Schlange vor dem Pilsator
7.0—Ganz schön verzettelt
7.1—Das geteilte Haus
7.2—»Macht das Tor auf!«
7.3—Die Barriere bekommt Verstärkung
7.4—Mittelstützen für den Ring
7.5—Tunnel von unten
7.6—Tunnel von oben
8.0—Ich will hier einfach nur sitzen
9.0—Sichtlich fröstelnd
Station 10 (Friedrich Seidenstücker)
10.0—Alltag am Kaiserplatz 16 / 17
10.1—Kaiserplatz 16 – zweiter Hinterhof – Gartenhaus
10.2—Seidenstückers Gartenhausbalkon
10.3—Sommer vorm Balkon
10.4—Brandwand um Brandwand
10.5—Stein für Stein
11.0—Berlin, Ecke Bundesplatz